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Der neue Kommunale Finanzausgleich (KFA) – ein Paradigmenwechsel in Rheinland-Pfalz!

Es ist ein komplexes und schwer zugängliches Thema, mit dem auch ich mich im Zuge der Gesetzgebung in den letzten Monaten sehr intensiv befasst habe. Im Landtagsplenum diese Woche verabschiedeten wir nun das neue Landesfinanzausgleichsgesetz Rheinland-Pfalz (LFAG), mit dem der Kommunale Finanzausgleich (kurz „KFA“) ab 2023 komplett neu geordnet wird. Die Frage, welche Gemeinde in welcher Höhe die sogenannten Schlüsselzuweisungen aus dem KFA erhält, folgt einem gänzlich neuen System, orientiert an der Mindestfinanzausstattung der Kommunen und am jeweiligen Bedarf vor Ort. Es ist ein Wechsel vom derzeitigen sog. Steuerverbundsystem auf ein bedarfsorientiertes Ausgleichssystem.

Die Landesregierung Rheinland-Pfalz musste aufgrund eines Gerichtsurteils des Verfassungsgerichtshofes Rheinland-Pfalz vom 16.12.2020 (Az.: VGH N 12/19, VGH N 13/19, VGH N 14/19) in den vergangenen 2 Jahren unter Hochdruck und dem Einfluss zusätzlicher krisenbedingter Belastungen den Kommunalen Finanzausgleich komplett reformieren.

Dem bedarfsorientierten Finanzausgleichsmodell, welches u.a. eine Mindestfinanzausstattung der Kommunen ermittelt, unterliegt im Wesentlichen ein statistisch-mathematisches Verfahren (Korridorverfahren), welches die Mindestbedarfe der kommunalen Familie ermittelt und der Berechnung für 2023 und dann künftig jährlich zugrundegelegt.

Und obwohl es an keiner Stelle seitens der Rechtsprechung die Forderung gab, schlicht mehr Geld in den Topf zu geben (sondern vor allen Dingen die Systematik des Ausgleichssystems anzupassen), steigt die Finanzausgleichsmasse zugunsten unserer Kommunen nochmal deutlich an – nunmehr auf 3,843 Milliarden Euro.

Zum Vergleich: Vor 10 Jahren, also im Jahr 2013, lag die Finanzausgleichsmasse noch bei 2 Milliarden Euro. Sie stieg in den vergangenen Jahren kontinuierlich an, bis zuletzt in 2022 auf 3,486 Milliarden Euro. Im Jahr 2023 gibt es dann also noch einmal 357 Millionen Euro mehr.

In Kombination mit dem bevorstehenden 3 Milliarden-Entschuldungspaket PEK-RP, mit dem das Land etwa die Hälfte der kommunalen Liquiditätskredite tilgen möchte, sowie mit dem ebenfalls bevorstehenden Kommunalen Investitionsprogramm Klimaschutz und Innovation (KIPKI) in Höhe von 250 Millionen Euro, von dem unsere Kommunen für Maßnahmen des Klimaschutzes maßgeblich profitieren werden, handelt es sich bei diesem Paket um historische Maßnahmen zur Unterstützung unserer kommunalen Familie.

Die Komplexität des Finanzausgleichs macht eine politische Debatte nicht gerade einfacher. Mir ist es immer ein sehr hohes Anliegen gewesen, den kommunalen Vertreter:innen, die mich dazu kontaktierten, zu erläutern, dass die Höhe der Zuweisungen für 2023 und auch künftig nicht durch politische Entscheidungen im Einzelfall beeinflusst wird. Vielmehr legt das System Variablen fest, die einerseits den Finanzbedarf und andererseits die Finanzkraft ermitteln. Beide Größen unterliegen dabei dem Einfluss zahlreicher statistischer Daten wie z.B. den Steuereinnahmen der jeweiligen Kommunen, der landesdurchschnittlichen Steuerkraft in RLP, den Einwohnerzahlen oder den örtlichen Gegebenheiten mit Blick auf den Bedarf. Die Höhe der gewährten Zuweisungen an jede einzelne Kommune wird dabei nicht pauschal festgelegt, sondern anhand des Bedarfs vor Ort ermittelt. Hier spielen insbesondere auch Nebenansätze für besondere Belastungen im Bereich der Sozial- und Jugendhilfe, im Bereich der Kindertagesstätten, der Schulen oder der Straßenunterhaltung eine große Rolle.

Besonders anzumerken ist der Umstand, dass die landesdurchschnittliche Steuerkraft aufgrund besonderer Steuereinnahmen (insbesondere der Städte Mainz und Idar-Oberstein) in 2023 deutlich ansteigt und damit in den Ortsgemeinden und Städten auch i.d.R. zu höheren Zuweisungen im Vergleich zu 2022 führt.

Und es ist auch nicht zu vergessen, dass die Frage der finanziellen Veränderung vor Ort im Vergleich zum Haushaltsvorjahr nicht allein von den gewährten Zuweisungen des Landes abhängt, sondern auch von Faktoren wie der künftigen Verbandsgemeinde- oder Kreisumlage, die einen gewissen Anteil an Finanzkraft vor Ort abschöpft (ausgenommen die bedarfsorientierte Schlüsselzuweisung B, welche zu 100 % im Haushalt der jeweiligen Kommune verbleibt). D.h. man muss die jeweiligen Entwicklungen in den einzelnen Kommunen auch im Gesamtzusammenhang miteinander rechnen (Veränderungen der Umlagegrundlagen, Umlagesätze etc.).

Eine ebenfalls sehr kontroverse Debatte wird über die so genannten Nivellierungssätze geführt. Mit dem neuen LFAG werden diese angehoben:

SteuerNivellierungssatz 2022 (altes Recht)Nivellierungssatz 2023 (neues Recht)Durchschnitt Flächenländer im Bund
Grundsteuer A300 v.H.345 v.H.345 v.H.
Grundsteuer B365 v.H.465 v.H.465 v.H.
Gewerbesteuer365 v.H.380 v.H.397 v.H.

Diese Anpassung der Nivellierungssätze erfolgt insbesondere aufgrund des Hinweises des Verfassungsgerichtshofes Rheinland-Pfalz, des Oberverwaltungsgerichts Koblenz und des Landesrechnungshofes Rheinland-Pfalz auf ein etwaiges Ausschöpfungspotential der Einnahmen auf kommunaler Seite. Von einer „größtmöglichen Kraftanstrengung“ ausgehend, werden die Kommunen angehalten sein, eine Überprüfung und ggf. Anhebung ihrer Hebesätze bei den o.a. Steuern (Realsteuern) anzustoßen.

Zurück zu den Zuweisungen des Landes: Welche Kommune welche Zuweisung voraussichtlich für 2023 erhält, kann den Tabellen des Ministeriums des Innern und für Sport Rheinland-Pfalz (MdI) entnommen werden, welche entsprechende vorläufige Zahlen enthalten: https://dokumente.landtag.rlp.de/landtag/vorlagen/2754-V-18.pdf

Im Vergleich zu 2022 erhält auch im Landkreis Bad Kreuznach die Mehrheit der Kommunen deutlich mehr Finanzmittel aus den Schlüsselzuweisungen. Nach den aktuellen Daten erhält allein der Landkreis Bad Kreuznach (ohne die kreisangehörigen Gemeinden, also nur der Kreis selbst) im Vergleich zum Haushaltsvorjahr 2022 rd. 14,7 Millionen Euro mehr an Zuweisungen des Landes:

Zuweisung 2022 (SchZ B1-C3 & Sonstige): 57.767.076 €

Zuweisung 2023 (SchZ B & Sonstige): 72.469.646 €

Unsere Ortsgemeinden und Städte im Landkreis Bad Kreuznach erhalten – bis auf wenige Ausnahmen – ebenfalls mehr Geld im Vergleich zu 2022, rd. 4 Millionen Euro Zuwachs für alle gibt es z.B. bei der SchZ A. Die Zuwächse bei der SchZ B, welche die alten SchZ B1, B2, C1-C3 ersetzt, künftig auch den Ortsgemeinden gewährt wird und in voller Höhe im Haushalt der Kommunen bleibt (keine Einrechnung in die Umlagegrundlage) wachsen ebenfalls deutlich gegenüber 2022.

Abschließend möchte ich nochmal darauf hinweisen, dass der neue KFA zudem dynamisch gestaltet ist. Die Variablen, welche Finanzkraft und Mindestfinanzbedarf gegenüberstellen, werden Jahr für Jahr mit den neuen zugrundeliegenden Daten gefüllt. Zudem wird der KFA auch als solches beobachtet und evaluiert.

Letztlich ist es ein Finanzausgleich, der die Mittel bedarfsorientiert erhebt und realitätsnäher an die Kommunen verteilt.

Ich bin allen Mitarbeiter:innen im Ministerium des Innern und für Sport, aber auch des Finanzministeriums außerordentlich dankbar für die Abwicklung dieser wirklich hohen Herausforderungen – erstrecht mit Blick auf all die Krisen, die zudem bearbeitet wurden – und bis heute werden.

Mehr Infos zum KFA findet man auch unter: https://kfa-reform.rlp.de und der außerordentlich ausführlichen Dokumentation des MdI unter: https://dokumente.landtag.rlp.de/landtag/vorlagen/2433-V-18.pdf